Wir sind Ravza und Loreen.
Wir befragen und interviewen Sie bezüglich Ihrer Karriere nach Ihrem Schulleben. Danke an Sie, dass sie sich die Zeit für uns nehmen. Das Interview geht ungefähr zehn Minuten lang. Zusätzlich wird das Gespräch aufgezeichnet und mit ihrer Einverständnis möglicherweise in unserer Schülerzeitung veröffentlicht. Dann können wir anfangen, stellen Sie sich bitte zuerst vor.
Ja hallo, ich bin weiblich, 26, habe mein Abitur im Jahre 2016 gemacht und direkt im Anschluss eine 3-Jährige Ausbildung abgeschlossen. Nebenbei habe ich noch einen Minijob und bin eigenständig mit meinem eigenen Buisness. Du kannst mich auch gerne dutzen wenn du magst.
Wie war das Abitur für dich persönlich? Hast du es für eher entspannt oder anstrengend empfunden?
Im Hinblick auf die Konsequenzen, die solch eine Prüfung mit sich zieht, war es vor allem seelisch anstregend und ich habe Druck verspührt, der auf meinen Schultern lastete.
Und warum, wenn wir fragen dürfen?
Nach 12 Jahren Schule möchte man natürlich einen guten Abschluss erzielen und auch seine Familie und sein Umfeld stolz machen. Da quasi am Ende zu scheitern war eine Angst.
Und war diese Angst berechtigt?
Ganz und gar nicht. Im Endeffekt habe ich „nur“ mein Fachabitur. Aber jetzt – nach ein paar Jahren, die ich bereits aus der Schule bin – weiß ich, dass dieses, ich nenne es mal stumpfes auswendig lernen, nichts für mich ist. Ich bin froh und dankbar für meinen Abschluss und sofern ich wollen würde, hätte ich noch die Möglichkeit zu studieren. Das ist ganz cool.
Und nach dem Abitur hast du dann direkt eine Ausbildung begonnen?
Ja, genau. Noch während des Abiturs habe ich mir ein paar Ausbildungen rausgesucht, war bei zwei Bewerbungsgesprächen und habe dann recht schnell eine Zusage bekommen.
Was für eine Ausbildung hast du absolviert?
Meine Ausbildung habe ich in einer Delmenhorster Kanzlei gemacht zur Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten, abgekürzt ReNo.
War das deine Wunschausbildung oder wie bist du dazu gekommen?
Ich wollte eigentlich immer – oder auch ein Stück weit meine Familie – Jura studieren. Nachdem ich meine Vorabi-Noten bekommen habe, war mich jedoch klar, dass ich wohl viele Wartesemester haben werde, sodass ich mich zunächst für eine Ausbildung entschieden habe und der Beruf der ReNo war natürlich am naheliegensten.
Und Jura zu studieren war nach Abschluss der Ausbildung dann keine Option mehr?
Nein. Der Beruf gefällt mir und mir wurde klar, dass ich nicht fürs Lernen gemacht bin und auch einmal mal anfangen wollte zu leben. Also Geld verdienen, Reisen etc., anstatt auf das Bafög zu warten.
Warst du mit der Ausbildung zufrieden?
Während der Ausbildung eindeutig ja. Nach den drei Jahren musste ich dann leider einsehen, dass ich doch nicht so viel gelernt hatte wie angenommen. Aber das habe ich schnell aufgeholt. Dafür war das Arbeitsklima in meiner Ausbildungskanzlei sehr gut und rückblickend kann ich sagen, dass das das A und O ist. Mittlerweile arbeite ich auch wieder dort.
Was hast du nach der Ausbildung gemacht?
Wie eben kurz angeschnitten, habe ich für knapp ein Jahr in einer anderen Kanzlei gearbeitet, bin dann jedoch wieder zurück. Ich bin allerdings in dem Bereich geblieben.
Gibt es, jetzt wo du beide Seiten kennst, große Unterschiede zwischen den Ausbildungsjahren und als Ausgelernte?
Auf jeden Fall. Nach ein paar Jahren im Berufsleben wird man immer sicherer in seinem Tun und das ist gut. Man ist sicherer im Umgang mit Menschen, im Umgang mit Problemsituationen und so weiter. Für einen selber fühlt es sich besser an, da man weiß, was man kann.
Somit arbeitest du seit mehr als acht Jahren in deinem Beruf. Gefällt dir der Beruf noch und bist du zufrieden?
Eindeutig ja. Wie bereits erwähnt, ist das Arbeitsklima mitunter am Wichtigsten und das ist bei uns im Büro sehr gut. Die Arbeit gefällt mir auch. Trotz dessen, dass es ein Bürojob ist, ist der Aufgabenbereich recht breit gefächert und Rechtslagen ändern sich auch des Öfteren, sodass man auf dem neusten Stand sein muss. Nichtsdestotrotz arbeite ich nebenbei noch in einem Imbiss. Dort habe ich während Corona angefangen, um mir ein wenig die Zeit zu vertreiben. Neuerdings bin ich auch noch selbständig in der Kosmetikbranche. So wie es scheint, benötige ich doch ein wenig Abwechslung, aber das ist natürlich personenabhängig.
Wie sieht dein Zeitmanagement denn aus? Vollzeit, Minijob und Selbständigkeit klingt nach einem anstregenden Tag.
Ja, so kommt es einem auch mal vor. Ich habe aber immer ein Ziel vor Augen. Und am Ende des Tages bin ich froh, wenn ich viel an einem Tag geschafft habe und auch stolz. Man darf auch nicht vergessen, dass ich mir die Arbeitszeiten im Imbiss und die Zeit, die ich in mein Business stecke, frei einteilen kann. Dies erleichtert natürlich so einiges.
Aber Zeit für Freizeit hast du trotzdem noch?
Ja, klar. Die nehme ich mir und das ist auch wichtig. Zumal das verdiente Geld ja auch wieder ausgegeben werden muss.
Bereust du es rückblickend nicht studiert zu haben?
Grundsätzlich tendiere ich zu nein, da ich z. B. noch Freundinnen habe, die studieren, zu Hause wohnen etc. Ich bin da bereits an einem anderen Punkt in meinem Leben. Andererseits weiß ich von ein paar Freundinnen auch, dass sie nach Abschluss des Studiums doppelt so viel verdienen werden, was ein wenig komisch ist, da wir in der 12. Klasse quasi dieselben Voraussetzungen hatten, dennoch gönne ich es ihnen natürlich.
Möchtest du abschließend noch etwas an die jüngere Generation weitergeben?
Das Leben hat mir bereits gezeigt, dass ein Studium keine Garantie für eine glückliche und vor allem finanziell sichere Zukunft ist.
Mit viel Geduld, Fleiß und Ausdauer kann – oder nein – wird man auch glücklich und erfolgreich. Im Endeffekt sollte man einfach auf sein Herz hören, den Weg einschlagen, der sich für einen richtig anfühlt und vielleicht nicht so ganz auf sein Umfeld hören, denn die Menschen in deinem Umfeld werden nicht dein Leben leben – sondern nur du.